Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

"Lieder sind wie Seelenproviant für unsere Kinder"

Kinderliedermacher und Kindernothilfe-Botschafter Reinhard Horn (Quelle: Michael Zargarinejad)
Reinhard Horn
Jahrgang 1955, Kinderliedermacher, Komponist, Musiker, Produzent beim KONTAKTE Musikverlag · rund 3 Mio. verkaufte Tonträger/5 Mio. Bücher · etwa 150 Veranstaltungen im Jahr: Konzerte, Fortbildungen, Seminare, Kongresse · mit mehr als 2.000 Songs der kreativste deutsche Kinderliedermacher · von der Deutschen UNESCO Kommission (Nachhaltige Entwicklung) mehrfachausgezeichnet, mehrfacher Preisträger des Deutschen Rock & Pop Preises,ERASMUS Award, COMENIUS Award ·  seit 2016 Kindernothilfe-Botschafter; schon vorher Konzerte für die Kindernothilfe, Produktion von Kindermusical, Hörbuch und klingendem Adventskalender 

Interview (2019): Gunhild Aiyub, Fotos: Christian Herrmanny, Michael Zargarinejad, Dietmar Boos

Kinderliedermacher Reinhard ist Kindernothilfe-Botschafter. Er produzierte mit uns Kindermusical, Hörbuch und Adventskalender und ruft bei Konzerten zu Spenden auf. Kindernothilfe-Redakteurin Gunhild Aiyub hat mit ihm gesprochen.

Herr Horn, was wollten Sie als Kind werden? Spielte da Musik schon eine Rolle?

Na, als Kind wollte ich natürlich als das werden, wovon Kinder träumen: Feuerwehrmann, Lokomotivführer, Tierarzt und und und ... Die Musik und ich haben schon ganz früh beschlossen, gute Freunde zu sein – da war ich ungefähr vier Jahre alt – und das hat bis heute gehalten. Mit ganz unterschiedlichen Phasen – Klavierausbildung, Musikstudium, Gründung einer Band, mit der ich sehr erfolgreich christliche Pop-Musik in der ganzen Welt gespielt habe ( u.a. zweimal im vollbesetzten Berliner Olympiastadion), Lehrer für Musik und Religion am Gymnasium, Komponist und Liedermacher, Kinderliederkünstler und vieles mehr …

Sie sind dann Lehrer geworden – aber nicht geblieben. Warum?

In der Tat, ich bin 20 Jahre lang Lehrer an einem Gymnasium gewesen – mit großer Lust und Leidenschaft habe ich mit den Schülerinnen und Schülern Musik gemacht, Musicals aufgeführt. Konzerte gegeben, eine Big Band gegründet. Und richtig, seit 2001 habe ich der Schule „ade“ gesagt – ich wollte einfach mehr Zeit haben für das, was mir so wichtig ist: Musik für und mit Kindern zu machen.

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Evangelischer Kirchentag 2019: Kinderrechtekonzert mit Reinhard Horn (Quelle: Dietmar Boos)
Reinhard Horn beim Kinderrechtekonzert auf dem Evangelischen Kirchentag 2019
Evangelischer Kirchentag 2019: Kinderrechtekonzert mit Reinhard Horn (Quelle: Dietmar Boos)
Reinhard Horn beim Kinderrechtekonzert auf dem Evangelischen Kirchentag 2019

"Ich liebe meine Arbeit"

Sie sind sehr vielseitig und kreativ. Was macht Ihnen bei Ihrem Beruf am meisten Spaß?

Danke! Es gibt so vieles, was mir Spaß macht: das Schreiben von neuen Geschichten und Liedern für und mit Kindern. Die Konzerte mit Familien und Kindern, wo wir gemeinsam lachen, singen und tanzen. Die vielen Fortbildungen und Seminare, auf denen ich Erzieherinnen und Lehrerinnen dafür begeistern kann, mit ihren Kindern zu singen. Die vielen Begegnungen mit Kindern – von ihnen lerne ich immer wieder das Staunen und die Neugier. Das alles ein Leben lang zu behalten, ist ein großer Schatz!

Sie sind sehr viel unterwegs, zwischendurch komponieren und produzieren Sie ganze Musicals, das klingt nach Stress. Wie schaffen Sie das?

Klingt das wirklich nach Stress? In meiner Wahrnehmung überwiegen eindeutig Lust und Freude, an dem, was ich tue. Dieter Saldecki, der Erfinder der „Maus“, mit dem ich in den letzten Jahren seines Lebens zusammenarbeiten durfte, hat sich am Telefon immer mit dem Satz gemeldet: „Ich liebe meine Arbeit! Wer stört mich dabei?“ So ungefähr geht’s mir auch: Ich liebe meine Arbeit. Und ich habe eine wunderbare Frau, mit der ich gemeinsam diesen Traum leben und umsetzen darf. Und dann gibt’s noch ein großartiges Team hier im Verlag, das mich großartig unterstützt.

Allerdings einen Punkt gibt es, den ich zunehmend „nervig“ finde: Da ich ja von Flensburg bis München, von Aachen bis Zittau unterwegs bin, gehören die Autofahrten nicht zu den „Highlights“ meiner Arbeit.
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Ev. Kirchentag 2017 in Berlin: Eckart von Hirschhausen mit Reinhard Horn und einem Kinderchor (Quelle: Christian Herrmanny)
Ev. Kirchentag 2017 in Berlin: Eckart von Hirschhausen mit Reinhard Horn und einem Kinderchor beim Kinderrechtekonzert der Kindernothilfe
Ev. Kirchentag 2017 in Berlin: Eckart von Hirschhausen mit Reinhard Horn und einem Kinderchor (Quelle: Christian Herrmanny)
Ev. Kirchentag 2017 in Berlin: Eckart von Hirschhausen mit Reinhard Horn und einem Kinderchor beim Kinderrechtekonzert der Kindernothilfe

Ist Musik wichtig für Kinder?

Unbedingt! „Musik ist die allererste Muttersprache der Menschen“ – das hat der israelische Geiger Yehudi Menuhin so treffend formuliert. Das Singen geht dem Sprechen voraus, denn die ersten Laute eines Babys sind gesungene kleine Sprachmelodien. Singen und Musik, Bewegen und Tanz gehören zu uns wie die Luft zu Atmen. Musik, Sport, Kunst und Theater sind die wichtigsten Fächer für die Gehirnentwicklung für Kinder – das wissen wir aus der Gehirnforschung. Singen macht glücklich, Singen macht schlau, Singen ist heilsam.

Und: Singen ist Seelenproviant für Kinder! Kinder brauchen gute Geschichten und gute Lieder, den sie in ihrem Lebensrucksack für die Zeiten, in denen sie diesen Seelenproviant brauchen, aufbewahren.

Ich bin auch Botschafter der „Singenden Krankenhäuser“ – dort kann ich erleben, wie bei den wöchentlichen Singstunden in Krankenhäuser Demenz-Patienten auf einmal aufblühen, wenn sie ein Lied aus ihrer Kindheit singen. Sie können nicht mehr sagen, ob es mittags Nudeln oder Kartoffeln zum Essen gegeben hat, aber das Lied aus ihrer Kindheit können sie mit allen Strophen singen. Das ist berührend, wertschätzend und ermutigend. Neurologen haben mir erklärt, dass das musikalische Gedächtnis so tief geschützt im Gehirn liegt, dass es funktionsfähig bleibt, wenn bereits viele andere Teile des Gehirns – Erinnerung, Sprache, Bewegung - nicht mehr zur Verfügung stehen. Das ist der Grund warum die Demenzpatienten sich noch an die Lieder ihrer Kindheit erinnern. Gibt dabei nur ein Problem: Wenn nichts im musikalischen Gedächtnis ist, kann auch nichts „herausgeholt“ werden. Daher meine Bitte an alle, die mit Kindern unterwegs sind: Singt mit den Kindern jeden Tag! Es gibt 1.000 Anlässe zu singen und mehr als 1.000 Lieder! So schaffen wir einen Seelenproviant für unsere Kinder, der wie ein „Soundtrack“ ihr Leben bereichert.


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Reinhard Horn bei einem Kindernothilfe-Gottesdienst  auf dem evangelischen Kirchentag 2015 (Quelle: Christian Herrmanny)
Reinhard Horn bei einem Kindernothilfe-Gottesdienst auf dem Evangelischen Kirchentag 2015
Reinhard Horn bei einem Kindernothilfe-Gottesdienst  auf dem evangelischen Kirchentag 2015 (Quelle: Christian Herrmanny)
Reinhard Horn bei einem Kindernothilfe-Gottesdienst auf dem Evangelischen Kirchentag 2015
Sie engagieren sich seit Jahren für die Kindernothilfe, auch als musikalischer Botschafter. Was ist Ihnen bei unserer Arbeit besonders wichtig?

Ich bin sehr froh, als musikalischer Botschafter die Arbeit der Kindernothilfe zu begleiten und zu unterstützen. Ich finde die Arbeit der Kindernothilfe großartig und enorm wichtig für diese Welt. Kinder haben keine Lobby – und daher brauchen sie Organisationen wie die Kindernothilfe, die sich für die Rechte der Kinder einsetzen. Seit meinem Projekt „Echte Kinderrechte“ engagiere mich sehr für dieses Thema – und dieses Thema betrifft nicht nur die Länder des globalen Südens, sondern ist auch für uns hier in Deutschland eine große Herausforderung! Habe gerade gelesen, dass 30 Prozent aller Grundschulkinder ohne Frühstück zur Schule gehen. Ein Skandal! 

Ich habe mit und für die Kindernothilfe schon einige Projekte realisiert: Ich denke da an den wunderbaren musikalischen Adventskalender, an das grandiose Kindermusical „Robinsons Zauberreise“, das vielfach in Schulen und Gemeinden aufgeführt wurde, an die vergangenen Kirchentage, auf denen wir immer einen gemeinsamen Kindernothilfe-Familiengottesdienst gefeiert und das große Kinderrechte-Konzert „Hand in Hand“ gegeben haben. Und jedes Jahr nehme ich die Kindernothilfe mit auf meine Weihnachtstournee „Weihnachten unterm Sternenzelt“, werbe für die Arbeit und bitte um Spenden. Auch 2019 werde ich wieder unterwegs sein – vielleicht haben ja die Leserinnen und Leser Lust ein Konzert zu besuchen!


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Scheckübergabe der Spenden von der Weihnachtstournee: Kindernothilfe-Botschafter und Kinderliedermacher Reinhard Horn und Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann (Quelle: Christian Herrmanny)
Scheckübergabe an Kindernothilfe-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann: Reinhard Horn hat auf seiner Konzerttour „Weihnachten unterm Sternenzelt“ 3.034 Euro für die Kindernothilfe gesammelt
Scheckübergabe der Spenden von der Weihnachtstournee: Kindernothilfe-Botschafter und Kinderliedermacher Reinhard Horn und Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann (Quelle: Christian Herrmanny)
Scheckübergabe an Kindernothilfe-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann: Reinhard Horn hat auf seiner Konzerttour „Weihnachten unterm Sternenzelt“ 3.034 Euro für die Kindernothilfe gesammelt
Kann man Kindern durch Lieder wichtige Botschaften vermitteln? Etwa dass sie Rechte haben oder dass sie sich engagieren und dadurch die Welt ein Stück verändern können?

Davon bin ich fest überzeugt! Kinder haben ein großes Gefühl für Gerechtigkeit und sind neugierig auf all das, was in unserer Welt passiert – das erleben wir ja gerade hautnah bei der Bewegung „Fridays for future“. Kinder halten uns Erwachsenen den Spiegel vor, mischen sich ein, engagieren sich für eine bessere und gerechtere Welt. Das machen ja auch die „Action Kidz“ der Kindernothilfe: In dieser Kampagne helfen Kinder hier Mädchen und Jungen in anderen Ländern, die hart arbeiten müssen – das ist die Idee, und die funktioniert seit vielen Jahren. Die Kinder brauchen aber auch den Raum und die Unterstützung, um das umsetzen zu können. Umso mehr sind wir aufgerufen, diesen Raum für Kinder zu öffnen. Ich habe ein im Robinson-Musical Lied komponiert, das quasi so etwas wie eine Hymne der Action!Kidz geworden ist: „Wir können und wir wollen und wir werden was tun!“

Wir fragen in unserem Jubiläumsjahr Menschen nach ihren Wünschen und Träumen. Was ist Ihr Traum für die Zukunft?


Ich habe von den vielen internationalen Musikerinnen und Musikern, mit denen ich zusammenarbeite, immer erfahren: Wir sind eine Welt-Familie! Und das ist mein Traum für die Zukunft: Wir alle sind eine Welt-Familie – jeder darf sein Instrument spielen, seine Melodie finden, und im gemeinsamen Zuhören und Spielen erleben wir einen Klang, der uns alle versöhnt.

Sie werden im Dezember 64. Geht ein Vollblut-Musiker wie Sie jemals in Rente?

Rente? Das Wort kenn ich nicht!
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Über die Autorin

Gunhild Aiyub (Quelle: Jakob Studnar)
Gunhild Aiyub ist seit 1986 Redakteurin bei der Kindernothilfe und zuständig für die Kindermedien, den Jahresbericht und das Kindernothilfe-Magazin. 
    

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