Gewalt und sexuelle Ausbeutung sind in Sintias Heimat, auf der Insel Nias in Indonesien, ein großes Problem. Vor allem jetzt, da die Menschen aufgrund von Covid-19 ihre Häuser vielerorts nicht verlassen dürfen, ist die Situation für unzählige Kinder besonders heikel. Dass ihnen in ihren eigenen vier Wänden Gewalt angegtan wird, das sieht nun niemand mehr. Gewalt und sexuelle Ausbeutung sind Tabuthemen – so wie in vielen muslimisch geprägten Ländern weltweit. Viele Mädchen und Frauen, die wie Sintia Opfer von Prügeln oder Missbrauch werden, schämen sich über das zu sprechen, was ihnen angetan wird. Zu oft bleiben diese Taten schreckliche Geheimnisse, die Betroffene ihr Leben lang für sich bewahren. Doch ohne Hilfe erholen sie sich vielleicht nie von den traumatischen Erlebnissen. Und: Nur wenn Opfer ihr Schweigen brechen, können Täter verfolgt, angeklagt und für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden.
Auch Sintias Mutter hat lange Zeit damit gehadert, ihren gewalttätigen Mann zu verlassen, oder gar anzuzeigen. Jahrelang hat die 34-jährige Schläge eingesteckt und sich von ihrem betrunkenen Mann bedrohen lassen – und blieb doch mit ihm zusammen. Um ihre Familie zu schützen. Eine alleinstehende Frau mit vier Kindern? Das ist im konservativen Indonesien ein Tabu. Doch als ihr Mann sie zum Zigarettenholen schickte und sie ihn wenig später dabei erwischte, wie er sich an ihrer ältesten Tochter Sintia verging, fasste die Mutter endlich den Mut: Sie ging zur Polizei und verließ ihr Heimatdorf mit ihren zwei Töchtern.