Kinderschutzkonzepte für mehr Sicherheit an Schulen
Text: Laura Puma Bilder: privat
Aber das passiert doch nicht an unserer Schule – so die Annahme vieler Lehrkräfte, Schulleitungen und auch Eltern, wenn es um Gewalt an Kindern und Jugendlichen geht. Doch die erschütternde Wahrheit: Ein bis zwei Kinder pro Klasse sind in Deutschland im Schnitt von sexualisierter Gewalt betroffen. Das Martin-Gerbert-Gymnasium in Horb am Neckar in Baden-Württemberg hat diese alarmierende Statistik ernstgenommen und beschlossen: Ein Schutzkonzept muss her!
Fünf Jahre lang haben sie daran gearbeitet, nun ist das Schutzkonzept für das Martin-Gerbert-Gymnasium fertig. Lehrerin Bettina Göhner und Schulsozialarbeiterin Madline Cabon sind stolz: „Wir brauchten einen langen Atem, aber wussten: Es wird sich lohnen, denn wir tragen Verantwortung für unsere Schülerschaft.“ Christine Pontius,
Trainerin der Kindernothilfe, hat die Schule bei der Erstellung des Schutzkonzepts professionell unterstützt: „Das richtige Verhalten der Lehrkräfte und anderer Beteiligter im Schulalltag ist wichtig, um Missbrauch frühzeitig zu erkennen. Zudem braucht es klare Anweisungen, damit Involvierte wissen, was sie bei Verdachtsfällen tun können.“ Denn Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Zeit in der Schule. Und dort sind Lehrkräfte oder andere Menschen oft die ersten Ansprechpersonen für Probleme oder Sorgen.


Aber es gab auch Ängste im Kollegium. „Es hat viele Gespräche und einen transparenten Prozess gebraucht, um alle vom Konzept zu überzeugen“, erklärt Madline Cabon. „Männliche Lehrkräfte hatten die Sorge, unter Generalverdacht zu geraten. Auch einen möglichen Schaden des Schulimages in der Öffentlichkeit hat man diskutiert.“ Doch mittlerweile zeigt das Schutzkonzept seine Wirkung. „Vor Kurzem hat sich ein Lehrer bei unserem Team bedankt. Eine Schülerin hat sich ihm anvertraut und von Gewalterfahrungen berichtet. Durch das Konzept wusste der Lehrer genau, wie er reagieren sollte. Das bestärkte mich enorm und ich wusste: Die Mühe hat sich gelohnt,“ berichtet Bettina Göhner.
Auch die Schülerinnen und Schüler, um die es letztendlich beim Schutzkonzept geht, sind froh darüber: „Sie wollten es auch aktiv mitgestalten und unterstützen und erzählten mir, dass sie sich nun gesehen und beschützt fühlen“, sagt Bettina Göhner. Zusammen haben sie etwa ein Infoflyer erarbeitet, der in der Schule aushängt und über Anlaufstellen innerhalb und außerhalb der Schule informiert. Außerdem arbeitete das Schutzkonzept-Team u. a. mit der Schülervertretung zusammen, als es um die Risikoanalyse ging: „Gemeinsam mit ihnen haben wir mit einer schulweiten Befragung die Räume im Gebäude untersucht. Nun wissen wir, in welchen Räumen sich Kinder und Jugendliche, aber auch Lehrkräfte nicht sicher fühlen. Damit können wir nun weiterarbeiten.“ Denn das Martin-Gerbert-Gymnasium weiß, Partizipation gehört zu den wichtigsten Bausteinen eines erfolgreichen Schutzkonzepts.