Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

Ökumenischer Rat der Kirchen
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Kindernothilfe auf der Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe

Text: Dietmar Boos, Jürgen Schübelin Fotos: Dietmar Boos

Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) wurde am 31. August in der Stadt Karlsruhe von der Moderatorin Dr. Agnes Abuom (Anglikanische Kirche Kenia) eröffnet. Die Vorsitzende sagte, es seien auch elf Ehrengäste aus der Ukraine anwesend. „Was für den ÖRK und die ökumenische Bewegung ganz grundlegend ist, sind die Beziehungen. Sie erst machen Erfahrungen wie die Vollversammlung so wertvoll und prägend. Wir begegnen einander – in all unserer Einzigartigkeit – und erkennen in fremden Personen unsere Nächsten: Einheit inmitten unserer Vielfalt.“

„Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“

Als Kindernothilfe waren wir mit einem "Brunnen-Stand" vertreten und freuten uns über Begegnungen und Gespräche mit den Delegierten des ÖRK und den anderen Teilnehmenden. Viele Partner der Kindernothilfe freuten sich, dass wir da waren. Aus Bangladesch konnten wir Bischof Samuel Sunil Mankhin begrüßen. Als ehemaliges Patenkind bedankte er sich für die Unterstützung durch die Kindernothilfe. Durch uns war sein Weg erst möglich geworden! Er hatte den dringenden Wunsch, einmal die Geschäftsstelle zu besuchen, um den Ort zu sehen, von dem alles ausging. In der folgenden Woche konnte sein Wunsch erfüllt werden. Er wurde vom Programm-Vorstand Carsten Montag empfangen.

In der ersten thematischen Planersitzung ging es um das Ziel der Liebe Gottes in Christus für die gesamte Schöpfung - Versöhnung und Einheit. Als Erster sprach Metropolit Emmanuel (Griechisch-Orthodoxe Kirche) und fokussierte auf die Verpflichtung eines jeden Christen zum Umweltschutz. Es sei eine enge Zusammenarbeit der Kirchen notwendig. Die Kirche habe die Aufgabe, gute Stewards in der Klimakrise zu sein.

Blick aus der Kirche des Nahen Ostens

Als zweiter Redner sprach Metropolit Angelos (Koptisch Orthodoxe Kirche) und hob hervor, dass die Kirche eine Kirche in Vielfalt ist und wir daraus einen Konflikt gemacht haben. Die Kirche ist eins, aber in Vielfalt aufgeteilt. Aus der einen Quelle wird alles gespeist. Dabei nutzt er das Bild des Baumes: ein Baum, ein Stamm und die Krone der Vielfalt. Jesus Christus ist die unbezweifelbare Quelle der Wurzel. Er wies darauf hin, dass das Christentum nicht in den Nahen Osten exportiert wurde. Hier liegt die Quelle, der Kirche von der aus das Christentum entstanden ist. Wir müssen unseren Blick auf die Christen im Nahen Osten richten. Mit der biblischen Geschichte von Kain und Abel fragte er: Wo ist dein Bruder? Die Stimme deines Bruders, das Blut deines Bruders schreit zu dir. Nicht zu reden, kann auch ein Handeln sein. Metropolit Angelos forderte mit seinem besonderen Blick aus der Kirche des Nahen Ostens: „Es sollte niemand schweigen, während andere das Kreuz der Verfolgung tragen.“

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Kindernothlife-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann, Jürgen Schübelin, Pastor Dietmar Boos und Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des ÖRK. Quelle: Dietmar Boos
Katrin Weidemann, die Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe, Jürgen Schübelin, Pastor Dietmar Boos und Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des ÖRK (Quelle: Kindernothilfe)
Kindernothlife-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann, Jürgen Schübelin, Pastor Dietmar Boos und Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des ÖRK. Quelle: Dietmar Boos
Katrin Weidemann, die Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe, Jürgen Schübelin, Pastor Dietmar Boos und Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des ÖRK (Quelle: Kindernothilfe)

"Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt"

Die zweite Thematische Plenarsitzung stand unter dem Oberthema Europa und fokussierte auf den Krieg in der Ukraine und die Situation von Flüchtlingen an den Grenzen. Als theologische Mitte stand das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, „ein Außenseiter, der Freundlichkeit, Mitgefühl und wahre Hilfe für eine Person in Not anbot. Wo ist der gute Samariter heutzutage?“, frage der Moderator. Der orthodoxe Erzbischof aus der Ukraine nahm das Bild in seiner Ansprache auf und sagte: „Die Ukrainer sind die, die von Räubern annektiert werden. Gehen Sie nicht an dem Leid vorbei! Beten Sie für uns. Denn das Gebet der Gerechten kann viel bewegen!“

Dr. Dagmar Pruin von Brot für die Welt stellte die Frage: „Wer sind wir? Die, die unter die Räuber Gefallenen liegen lassen oder aufhelfen? – Dieser Krieg stürzt viele in Notlagen. 345 Mio. Menschen weltweit leben derzeit in Armut. 828 Mio. Menschen leiden an Hunger – jeder 10. Mensch! Wir müssen dafür sorgen, dass die Räuber zur Rechenschaft gezogen werden.“

Ein sehr bewegender Moment war, als die muslimische Generalsekretärin Prof. Azza Karam von „Religions for Peace“, die 20 Jahre bei der UN gearbeitet hat, sagte: „Ich würde gerne vor Ihnen auf die Knie gehen, um Ihnen mein Flehen vorzutragen, allerdings würden Sie mich dann nicht mehr sehen, so sage ich es so: Die Liebe Christi, ist sie nur für die Menschen des christlichen Glaubens bestimmt? Wenn die Liebe Christi für die ganze Menschheit bestimmt ist, was würde das praktisch für uns alle in diesem Raum bedeuten? Ich glaube als Muslimin, dass die Liebe Christi auch für mich bestimmt ist. Und wenn wir das glauben, dass sie für uns alle und für alle anderen auch bestimmt ist, dann denkt daran, wie viel wir gemeinsam bewirken können!“

Gute Impulse für die Welt-Christenheit und die gesamte Menschheit! 

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Über den Autor

Dietmar Boos
Dietmar Boos ist Ansprechpartner für Kirche & Gemeinden. Er erstellt Gemeindematerialien, vertritt die Kindernothilfe in kirchlichen Gremien und verantwortet die kirchlichen Veranstaltungen.
Dietmar Boos

Sich begegnen, voneinander lernen und netzwerken in schwierigen Zeiten

„Das ist so großartig, dass wir euch hier treffen!“ Diesen Satz bekam das kleine Team am Kindernothilfe-Stand ständig zu hören. Er befand sich in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang des Karlsruher Kongress-Geländes,  wo vom 31. August bis 8. September die wichtigsten Veranstaltungen der 11. Vollversammlung des ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) stattfanden. Der viel fotografierte Stand mit den drei Zelten – eingerahmt von den markanten Kindernothilfe-Bannern – wurde während der neun Tage dieses weltweit wichtigsten Treffens der ökumenischen Bewegung, das in diesem Spätsommer zum allerersten Mal überhaupt in Deutschland stattfand, zum Ort der Begegnung mit zahlreichen aktuellen und ehemaligen Kindernothilfe-Partnern aus Asien, Afrika und Lateinamerika. Er wurde aber auch zum Begegnungsort mit vielen Menschen, die aus Ländern und Weltregionen kommen, in denen die Kindernothilfe keine Projekte zum Thema Kinderrechte unterstützt.

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Muslimische Generalsekretärin Prof. Azza Karam bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe (Quelle: Dietmar Boos)
Die muslimische Generalsekretärin Prof. Azza Karam (Quelle: Dietmar Boos)
Muslimische Generalsekretärin Prof. Azza Karam bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe (Quelle: Dietmar Boos)
Die muslimische Generalsekretärin Prof. Azza Karam (Quelle: Dietmar Boos)

Erfahrungen aus der Arbeit der Partner teilen

Die zweisprachig – Englisch und Deutsch – gestaltete Ausstellung über die Geschichte der Kinderrechte mit den vier Kindernothilfe-Schwerpunktthemen Recht auf Bildung, Schutz von Kindern vor Gewalt, Recht auf Teilhabe und Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung, die das Herzstück des Kindernothilfe-Pavillons bildete, motivierte viele Vollversammlungs-Delegierte und -Teilnehmende zu Diskussionen und Nachfragen: „Wir machen hier in diesen Tagen die Erfahrung“, sagt Pastor Dietmar Boos vom Kindernothilfe, „dass wir profunde, intensive Gespräche führen, sehr viel dazulernen, aber auch viele wertvolle Erfahrungen aus der weltweiten Arbeit unserer Partner teilen und weitergeben können“.

Zum Beispiel zum Thema Kindesschutz: Immer wieder ging es bei dem Austausch am Kindernothilfe-Stand darum, wie Kinder gerade auch in der kirchlichen Arbeit besser vor Gewalt und sexuellem Missbrauch geschützt werden – und wie Mitarbeitende in Projekten mit Kindern und Erwachsenen präventiv arbeiten, Alarmzeichen rechtzeitig erkennen und sich professionell auf die komplexe Herausforderung konkreter Missbrauchsfälle vorbereiten können. Die dazu erstellten Kindernothilfe-Dokumente zum Thema Kindesschutz in den fünf Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Deutsch waren in Karlsruhe die unbestrittenen Renner unter den nachgefragten Materialien.

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Bischof aus Bangladesch, ehemaliges Patenkind der Kindernothilfe bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe Quelle: Dietmar Boos
Bischof Samuel S. Mankhin mit seiner Frau Monita Chambugong aus Bangladesch,  beide ehemalige Patenkinder der Kindernothilfe (Quelle: Dietmar Boos)
Bischof aus Bangladesch, ehemaliges Patenkind der Kindernothilfe bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe Quelle: Dietmar Boos
Bischof Samuel S. Mankhin mit seiner Frau Monita Chambugong aus Bangladesch,  beide ehemalige Patenkinder der Kindernothilfe (Quelle: Dietmar Boos)

Kriegsfolgen weltweit

Aber bei den Gesprächen mit den Teilnehmenden und Gästen in Karlsruhe ging es ganz oft auch um die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, das Kindernothilfe-Engagement mit Geflüchteten in Ost- und Südost-Europa sowie weltweit, etwa mit Rohingya-Familien in Bangladesch, den vor dem Krieg und dem Assad-Regime aus Syrien Geflohenen. Es ging um Millionen Menschen, die am Horn von Afrika zur Flucht vor den Folgen des Klimawandels, Dürre und Hunger oder in Haiti, Süd- und Mittelamerika vor extremer Gewalt, zerfallenden Staaten und politischer Verfolgung gezwungen werden. Eine dieser Begegnungen und ein intensives Gespräch über die Situation geflüchteter Kinder und Jugendlicher in den Lagern auf den griechischen Ägäis-Inseln und in den beiden ukrainischen Nachbarländern Moldau und Rumänien mündete in eine genauso berührende wie überraschende Geste: Eine Gruppe von Theologinnen aus Nigeria und anderen westafrikanischen Ländern sammelte untereinander spontan 400 US-Dollar und übergab ihre Spende dem verdutzten Team am Kindernothilfe-Stand in bar: zweckbestimmt für die Arbeit mit geflüchteten Kindern in Moldau, Rumänien und Griechenland.
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Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD mit Dietmar Boos auf der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe (Quelle: Dietmar Boos)
Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD, zusammen mit Dietmar Boos (Quelle: Kindernothilfe)
Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD mit Dietmar Boos auf der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2022 in Karlsruhe (Quelle: Dietmar Boos)
Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD, zusammen mit Dietmar Boos (Quelle: Kindernothilfe)

Gespräche mit Menschen aus Pakistan

Aber auch Notsituationen aus anderen Weltregionen waren während der Tage in Karlsruhe ständig präsent: Gesprächspartner aus Pakistan schilderten eindringlich, wie sie vor ihrer Abreise nach Deutschland die Auswirkungen der verheerenden Überschwemmungen, die inzwischen weit mehr als ein Drittel des Landes erfasst, mindestens 1500 Menschen das Leben kosteten und Millionen obdachlos machten, erlebten – und wie dringend die von den Monsunfluten Betroffenen in Pakistan jetzt auf internationale Hilfe angewiesen sind.

Und dann waren diese Tage beim ÖRK für das Kindernothilfe-Team natürlich nach über zwei Jahren Corona-Zwangspause auch eine hochwillkommene Gelegenheit für Begegnungen und Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Werken und kirchlichen Initiativen, Landeskirchen, der EKD und mit ökumenischen Partnern. Zu den Besuchern am Stand zählte unter anderem Professor Konrad Raiser, elf Jahre lang Generalsekretär des ÖRK, Anna-Nicole Heinrich, die neue Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der evangelisch-lutherische Landesbischof von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm – sowie Petra Bosse-Huber, die EKD-Auslandsbischöfin. „Die Netzwerkkontakte, die wir hier auffrischen oder neu knüpfen können“, sagt Dietmar Boos, „sind für unsere Arbeit als Kindernothilfe einfach überlebensnotwendig.“

Weltweite Begeisterung

Leider nicht alle Vorschläge und guten Ideen dieser intensiven Tage am Kindernothilfe-Stand werden sich umsetzen lassen: So war der kirchlich engagierte Umwelt- und Menschenrechtsaktivist Bruce Mc Wilson aus Fremantle im Westen Australiens so begeistert von der Kindernothilfe-Litfaßsäule mit dem Wimmelbild zu den vier Kinderrechts-Schwerpunkten (siehe oben), dass er den rund 100 Kilogramm schweren und über drei Meter hohen Hingucker nach der ÖRK-Vollversammlung gerne sofort auf den fünften Kontinent mitnehmen wollte. Am Ende lies sich dann doch ein Kompromiss finden: Statt der ganzen Litfaßsäule tritt jetzt eine elektronische Version des eigens für die ÖRK-Vollversammlung entworfenen Kinderrechte-Plakates die Reise um die Welt an.


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Über den Autor

Portraitfoto von Jürgen Schübelin
Jürgen Schübelin war bei der Kindernothilfe  Beauftragter für das Lern- und Freiwilligen-Programm und gehörte außerdem dem Advocacy-Team an. Als erfahrener Journalist und langjähriger Referatsleiter Lateinamerika und Karibik berichtete er  über Kinderrechtsthemen.
   

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