Äthiopien – ein Land, das nach Antritt vom Premierminister, Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed Hoffnung schöpfte, befindet sich wieder im Krieg. Die Partei "Ethiopian People’s Revolutionary Democratic Front" (EPRDF), die lange Zeit nahezu uneingeschränkte Macht an der Spitze des Staates und in den Bundesländern hatte, löste sich im November 2019 auf Betreiben Abiys vollständig auf. Dies provozierte wachsenden Widerstand auf Seiten der Tigriner, die sich als einzige der neu gegründeten Nachfolgepartei „Prosperity Party“ nicht anschlossen. Aber auch eine Wiederbelebung der Konkurrenzkämpfe zwischen Oromos, Amharen und anderen Volksgruppen war Auswirkung der Auflösung der Partei. Gewaltsame Auseinandersetzungen mit Tausenden Toten und etwa drei Millionen Binnenvertriebenen sind die traurige Konsequenz. Konflikte brachen in nahezu allen Regionen des Landes aus. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Regierung hält eine Blockade der Region Tigray aufrecht und lässt keine Nahrungsmittellieferungen durch. Berichte über Hunger leidende Kinder und der Bevölkerung, die weder Zugang zu Nahrungsmitteln noch zu Medikamenten erhält, erreichen die Weltöffentlichkeit nur sporadisch. Von allen Kriegsparteien sollen schlimmste Menschenrechtsverletzungen begangen worden sein. Außenpolitisch kommt es seit Ausbruch des Tigray-Konflikts zu Grenzstreitigkeiten mit dem Sudan.
Der Krieg zwischen der Zentralregierung und den Tigray Defence Forces (TDF) sowie ausbleibende Regenzeiten, haben schwerwiegende Auswirkungen auf Kinder in einzelnen den Regionen. Fast die Hälfte der intern Vertriebenen sind Kinder. Sie haben ihre Heimat verloren und wurden häufig Opfer von körperlicher und sexualisierter Gewalt. Im Norden des Landes leiden Kinder unter Krieg und Vertreibung, im Süden und Osten auf Grund der schweren Dürre an Hunger und Mangelernährung. Ebenso belastet ist der Alltag von Armut, zerrütteten Familienverhältnissen und fehlenden Perspektiven. Weniger als die Hälfte aller Kinder in Äthiopien schließen die Grundschule ab. Doch selbst nach Abschluss der Grundschulausbildung können viele Kinder kaum lesen oder schreiben. Insgesamt ist die äthiopische Bildungspolitik von knappen personellen und finanziellen Ressourcen geprägt. Es gibt zu wenig Schulen und Lehrer, um allen Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen. Klassengrößen von 50 und mehr Kindern sind keine Seltenheit. Millionen Kinder sind Waisen, darunter verloren viele ein Elternteil oder sogar beide durch AIDS. Nicht selten flüchten sie von zu Hause aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen, die meist durch den Missbrauch von Alkohol motiviert sind. In Äthiopien leben unzählige Kinder auf der Straße, viele davon in der Hauptstadt Addis Abeba. Sie haben keinen Schutz, gehen nicht zur Schule, und sind somit leichte Opfer für Menschenhändler.