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Moldau: Tudora – ein kleines Dorf wird zum Zufluchtsort

Text: Katharina Wagner, CONCORDIA Sozialprojekte, Fotos: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte

In der Republik Moldau war die Kindernothilfe bisher nicht vertreten. Doch nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine und angesichts der Not der Geflüchteten, die in dem ohnehin schon armen Nachbarland Hilfe suchten, wurden auch wir aktiv. In der Organisation CONCORDIA haben wir einen starken Partner gefunden, der seit Jahren vor Ort arbeitet. Pressesprecherin Katharina Wagner vom österreichischen Zweig der Organisation besuchte Anfang April ein Projekt in Tudora, das wir unterstützen.

Von Tudora aus kann man durch die sanfte Erhöhung in der Landschaft in Richtung Odessa blicken und das Schwarze Meer sehen. Die Heimat scheint so nah, die Väter, Brüder, erwachsenen Söhne, die sie zurückgelassen haben. Und doch sind sie für die Frauen und Kinder, die aus der Ukraine hierher geflüchtet sind, grausam unerreichbar.

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Tudora, im Hintergrund Blick auf die Ukraine (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Tudora – die Hügelkette am Horizont gehört zur Ukraine (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Tudora, im Hintergrund Blick auf die Ukraine (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Tudora – die Hügelkette am Horizont gehört zur Ukraine (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)

Große Gastfreundschaft eines kleinen Landes

Seit Beginn des Krieges fliehen Tausende Menschen über den kleinen Grenzübergang in Palanca nach Moldau, einem der ärmsten Länder Europas. Tudora, ein Dorf keine zehn Kilometer von hier entfernt, wird zum ersten Hoffnungsschimmer für sie. Im CONCORDIA-Zentrum nehmen Mitarbeitende aus Moldau und viele Freiwillige aus der Bevölkerung sie in Empfang. Nach oft stundenlangem Warten kommen sie völlig unterkühlt und erschöpft hier an und werden erst einmal mit heißem Tee und einer warmen Mahlzeit versorgt. Die Helferinnen und Helfer vermitteln Unterkünfte für diejenigen, die bleiben wollen, sie organisieren Fahrten in die Hauptstadt Chișinău oder wohin auch immer für die anderen, die wegwollen. Sie setzen sich auch selbst ins Auto und bringen die traumatisierten Menschen zur nächsten Station ihrer Flucht.

Mittlerweile sind fast 440.000 Menschen (Stand 26. April) in Moldau angekommen. Etwa ein Viertel von ihnen ist hiergeblieben, denn sie sagen: „Wir wollen nicht weiter weggehen aus der Grenzregion, wir wollen wieder zurück, sobald alles vorbei ist!“ Odessa, Mariupul, Mykolajiw, so heißen ihre Heimatstädte, und dort wollen sie auch wieder hin.


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Yana (5) kam mit ihrer Mutter nach Tudora und kümmert sich um Onkel Fedor (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Yana (5) aus Odessa hat sich mit "Onkel" Fedor angefreundet und malt ihm täglich mehrere Bilder (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Yana (5) kam mit ihrer Mutter nach Tudora und kümmert sich um Onkel Fedor (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)
Yana (5) aus Odessa hat sich mit "Onkel" Fedor angefreundet und malt ihm täglich mehrere Bilder (Quelle: Benjamin Kaufmann für CONCORDIA Sozialprojekte)

Der Ausnahmezustand ist der Routine gewichen

„In den vergangenen Wochen waren wir in einer Art Ausnahmezustand“, berichten meine Kolleginnen und Kollegen vor Ort, „aber mittlerweile kehrt mehr Routine ein. Die Überlastung durch die neue Situation hat viel Kraft gekostet, inzwischen läuft alles seinen Gang und wir haben Zeit, Pläne für die mittelfristige Zukunft aufzustellen. Aber die Telefone laufen nach wie vor heiß …“ Unsere Leiterinnen für Moldawien, Tatiana Balta und Viorica Matas, erhalten laufend Anfragen von anderen internationalen Organisationen mit Erfahrung in Katastropheneinsätzen, denn viele der Organisationen waren noch nie in Moldau aktiv, deshalb fehlen ihnen die Infrastruktur und die Ansprechpersonen.

Ebenso wie unsere Mitarbeitenden bereiten sich auch andere Hilfswerke auf einen möglichen zweiten großen Ansturm an der Grenze vor. Sobald Odessa und umliegende Regionen angegriffen werden, werden wieder Tausende versuchen, über den kleinen Grenzübergang in Palanca zu gelangen. Auch ihnen muss schnellstmöglich geholfen werden.

In Moldau war die Angst, dass der Krieg ins eigene Land überschwappt, anfangs sehr groß. Die Sirenen liefen heiß, und es gab keine Nacht, in der man zur Ruhe kommen konnte. Wie soll man diese Situation jungen Menschen kindgerecht erklären – sowohl den einheimischen wie auch den geflüchteten Mädchen und Jungen aus der Ukraine? Wie viel von der Wahrheit darf man ihnen überhaupt vermitteln? Wir haben mittlerweile mit Geldern der Kindernothilfe einen Workshop zur Arbeit mit traumatisierten Kindern durchgeführt, viele weitere Schulungen für Mütter, Kinder und unsere Mitarbeitenden vor Ort sind geplant. Dabei soll es um Traumata, Kinderhandel und Kinderschutz gehen. CONCORDIA ist gerade dabei, eine eigene Abteilung mit psychologischem Fachpersonal aufzubauen. Die Expertise der Kindernothilfe auf diesem Gebiet wird uns sicherlich ein großes Stück weiterhelfen.

 

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Unterstützen auch Sie Kinder und Familien in Moldau

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Über die Autorin

Katharina Wagner, Pressesprecherin von CONCORDIA Sozialprojekte in Österreich (Quelle: Ina Aydogan)
Katharina Wagner
ist Pressesprecherin bei der Organisation CONCORDIA Sozialprojekte in Wien und besuchte die Projekte in der Republik Moldau Anfang April 2022.

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