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Brasilien/São Paulo: Schutz für Kinder aus Bolivien

Text: Katharina Nickoleit, Fotos: Christian Nusch

Im brasilianischen São Paulo kümmert sich der Kindernothilfepartner CAF gezielt um Kinder aus Bolivien. Denn weil sie illegal im Land sind, haben sie oft deutlich weniger Rechte und Schutz als einheimische Jungen und Mädchen.

Der Würfel fällt, und die achtjährige Adryelle springt drei Schritte nach vorne. Sie landet auf einem Fragezeichen. „Nenne ein Kinderrecht“, ruft die ehrenamtliche Helferin. Adryelle nennt gleich zwei: „Schutz vor Gewalt und Schutz vor Rassismus“, ruft sie und hat damit, ohne es zu wissen, die wichtigsten Anliegen des Kinderschutzzentrum Casa de Assistência Filadelfia (CAF) genannt.

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Hüpfspiel Kinderrrechte auf dem Hof von CAF (Quelle: Christian Nusch)
Hüpfspiel "Kinderrechte" im Hof des CAF-Projekts (Quelle: Christian Nusch)
Hüpfspiel Kinderrrechte auf dem Hof von CAF (Quelle: Christian Nusch)
Hüpfspiel "Kinderrechte" im Hof des CAF-Projekts (Quelle: Christian Nusch)

Während die Eltern arbeiten, sind die Kinder allein zu Hause

Es liegt in Ermelino Matarazzo, einem Bezirk von São Paulo, in der traditionell viele Menschen mit Migrationshintergrund wohnen. Früher waren es italienische Einwandererinnen und Einwanderer, heute kommen sie aus ärmeren Ländern Südamerikas in das vergleichsweise wohlhabende Brasilien. Die Bolivianerinnen und Bolivianer stellen die größte Gruppe. Auf der Suche nach besserem Auskommen kommen sie hierher, um als weitgehend rechtlose Gastarbeiterinnen und -arbeiter in den Sweatshops Klamotten zu nähen.

„Die Eltern haben hier keine Netzwerke aus Großeltern und Tanten, die die Kinder betreuen, während sie arbeiten. Deshalb lassen sie die Kleinen alleine zu Hause oder nehmen sie mit in die Fabriken“, erzählt Selma Munhóz, die CAF-Direktorin, von der schwierigen Situation dieser Familien. „Wir holen die Kinder dort heraus und sorgen dafür, dass sie tagsüber versorgt werden und in die Schule gehen, sobald sie alt genug dafür sind.“ Das ist für die illegal im Land lebenden Mädchen und Jungen alles andere als selbstverständlich, denn ihre Eltern trauen sich oft aus Angst vor Abschiebung nicht, sie an einer Schule anzumelden.


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Adryelle und Jandira in ihrer Grundschulklasse (Quelle: Christian Nusch)
Adryelle und Jandira kommen gerne ins Projekt, um zu basteln und zu spielen (Quelle: Christian Nusch)
Adryelle und Jandira in ihrer Grundschulklasse (Quelle: Christian Nusch)
Adryelle und Jandira kommen gerne ins Projekt, um zu basteln und zu spielen (Quelle: Christian Nusch)

„Als Illegale können sie nicht zur Polizei gehen“

Auch sonst beherrscht ihr Status als Illegale ihr Leben und das ihrer Kinder. „Eines Tages kamen maskierte Männer in unsere Wohnung. Sie beleidigten uns, weil wir aus Bolivien sind, und schlugen meine Mutter. Dann nahmen sie uns unser ganzes Geld ab“, erzählt Adryelle. So etwas passiert häufig, denn es ist allgemein bekannt, dass Menschen aus Bolivien ihre Ersparnisse daheim verwahren. Als Illegale haben sie keine Bankkonten und können auch nicht zur Polizei gehen. „Wir geben den Kindern hier einen Raum, in dem sie über das Erlebte sprechen und es so verarbeiten können“ erklärt CAF-Projektleiterin Selma. „Und wir vermitteln ihnen, dass sie nicht weniger Rechte als die Einheimischen haben.“

Dass sie hier psychologisch betreut und in Rechtsfragen geschult wird, merkt Adryelle kaum. Für sie ist vor allem etwas anders wichtig: jeden Tag ihre Freundin Jandira zu treffen und spielen und basteln zu können, anstatt alleine daheim zu sein, während ihre Mutter arbeitet.

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Über die Autorin

Katharina Nickoleit in einem Projekt in Moldau (Quelle: Christian Jung)
Katharina Nickoleit
ist freie Journalistin und berichtet mit ihrem Mann, dem Fotografen Christian Nusch, seit vielen Jahren aus unseren Projekten in aller Welt.

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