Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

3 Fragen an Adriane Branco Penna zu Schutz vor Gewalt
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Zum ersten Mal selbstbewusst Nein sagen

Kinder in Brasilien erleben täglich Gewalt - in der Familie, auf der Straße, auf dem Land genauso wie in den Favelas. Es ist ein Problem, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Adriane Branco Penna, Direktorin von Serpaf ist mit ihrem Team unermüdlich im Einsatz, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Serpaf, eine Partnerorganisation der Kindernothilfe, unterstützt vor allem Kinder und ihre Familien in den Armenvierteln der Region Sete Lagoas in diesem Prozess - mit Erfolg.
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Adriane Branco Penna, Direktorin von SERPAF, Kindernothilfer-Partner in Brasilien (Quelle: Annette Kuhn/Kindernothilfe)
Adriane Branco Penna leitet Serpaf seit 28 Jahren. Die Organisation hat ihre Großmutter gegründet. Heute arbeitet hier die ganze Familie (Quelle: Annette Kuhn/Kindernothilfe)
Adriane Branco Penna, Direktorin von SERPAF, Kindernothilfer-Partner in Brasilien (Quelle: Annette Kuhn/Kindernothilfe)
Adriane Branco Penna leitet Serpaf seit 28 Jahren. Die Organisation hat ihre Großmutter gegründet. Heute arbeitet hier die ganze Familie (Quelle: Annette Kuhn/Kindernothilfe)
Adriane Branco Penna und Rachel Branco sind auch auf dem Kirchentag in Hannover und stellen dort die Arbeit von Serpaf vor. Am Donnerstag, 1. Mai, treten sie beim Konzert der Band Jamaram ab 19 Uhr auf. Am Samstag, 3. Mai, sind sie beim Gottesdienst in der Marktkirche dabei. Zwischendurch gibt es in der Messe verschiedene Veranstaltungen, bei der Besucherinnen und Besucher des Kirchentags Serpaf im persönlichen Kontakt kennenlernen können.
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Welche Formen von Gewalt erleben Kinder? Und wer ist besonders gefährdet?

Adriane Branco Penna: Brasilien steht vor vielen Herausforderungen, dazu gehört auch die Bekämpfung der Gewalt, für die sich Serpaf engagiert. Kinder erleben jede Form von Gewalt: psychische und physische, geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt, Rassismus, Mobbing. Überall sind Kinder gefährdet, aber wir haben beobachtet, dass Familien im ländlichen Raum noch schlechter informiert und schlechter vernetzt sind als in der Stadt. Auch die Mitarbeitenden in den Institutionen sind dort oft schlechter ausgebildet. Darum bleiben Gewalterfahrungen auf dem Land eher unerkannt, und sie werden dort auch eher normalisiert. 
Und noch etwas: Das Phänomen der Gewalt in Brasilien ist sehr komplex und wird von Generation zu Generation weitergetragen. Wir müssen an die Wurzeln des Problems.

 

Und wie machen Sie das? Wie können Sie mehr Aufmerksamkeit für das Thema erregen?

Wir arbeiten auf drei Ebenen:

Auf der Makroebene adressieren wir die Politik, zum Beispiel engagieren wir uns in sogenannten Stadträten, um die Rechte von Kindern und der Frauen zu stärken und Maßnahmen für einen besseren Schutz vor Gewalt durchzusetzen. Das Bewusstsein hat sich hier auch schon verändert, aber das ist ein langwieriger Prozess.

Auf der Mesoebene arbeiten wir an der Professionalisierung der Akteure in Schulen oder in sozialen Einrichtungen. Wir sensibilisieren sie für das Thema und bieten ihnen Weiterbildungen, damit sie betroffene Kinder psychosozial besser unterstützen zu können.

Auf der Mikroebene erreichen wir direkt die Familien und Kinder. Wir gehen zum Beispiel in Frauengruppen und sprechen mit den Müttern über ihre eigenen Erfahrungen mit Gewalt. Vieles haben sie verdrängt, und unbewusst lassen sie dann auch Gewalt bei ihren eigenen Kindern zu oder üben sie selbst aus. Wir machen ihnen deutlich, wie sehr sich ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder verbessert, wenn sie Gewalt nicht zulassen. Das braucht viel Zeit, bis sie dieses Verständnis verinnerlichen, aber wir sehen auch, dass es sich lohnt, weil es wirklich zu Veränderungen und einem anderen Verhalten in den Familien führt. Die Arbeit in den Familien ist häufig wirkungsvoller als politische Kampagnen und fachliche Schulungen.

 

Wie unterstützen Sie Kinder, insbesondere Kinder, die selbst Gewalterfahrungen gemacht haben?

Wir fragen Kinder nicht direkt, ob sie Gewalt erlebt haben. Stattdessen suchen wir nach Wegen, damit sie sich erst einmal sicher fühlen. Wir bieten ihnen Freizeitangebote und Workshops, zum Beispiel Tanz, Theater, Zirkus, Fotografie oder auch Informatik an. Wenn Kinder zum Beispiel im Tanz ihren Körper erleben, fangen sie manchmal aber doch an, über ihre Gefühle und über Erfahrungen mit Mobbing, Rassismus oder sexualisierter Gewalt zu sprechen. Um sie nicht zu retraumatisieren, achten wir dann darauf, dass sie das Erlebte nicht mehrfach erzählen müssen. Wir hören ihnen zu und versuchen, ihnen Rückhalt zu geben, sie zu empowern, damit sie in der Lage sind, sich selbst zu schützen und Grenzen aufzuzeigen. Neulich erzählte mir ein Mädchen, das sie zum ersten Mal selbstbewusst Nein gesagt hat. Dabei ist mir das Herz aufgegangen. In solchen Momenten spüre ich, wie wichtig unsere Arbeit ist. 

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Ein verängstigtes Mädchen verschränkt die Arme und versteckt sein Gesicht, Symbolbild zum Thema Gewalt, Foto: Kindernothilfe

Gewalt stoppen

Gesetze, die Mädchen und Jungen vor Gewalt schützen sollen, werden häufig nicht ausreichend angewandt. In unseren weltweiten Projekten gegen Gewalt gegen Kinder kümmern wir uns um die Opfer und ziehen die Täter konsequent zur Verantwortung.
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