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Das Logo "UNbekanntes UNbehagen" auf einem Bild von Menschen in einem dunklen Escape Room (Quelle: UNbekanntes UNbehagen)
Escape Room
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Zu Besuch in Fremdistan: "Ich möchte kein Flüchtling sein!"

Text: Friederike Bach Bilder: Flüchtlingshilfe Bonn e.V., Ralf Krämer

Im Escape Room "UNbekanntes UNbehagen" reisen die Spielenden in die fiktive Republik Fremdistan ein und müssen Rätsel lösen, um bleiben zu dürfen. Vier Wochen lang war der Escape Room der Flüchtlingshilfe Bonn zu Gast bei der Kindernothilfe in Duisburg. Das Ziel des Projekts: Einen Perspektivwechsel ermöglichen und mehr Verständnis für Geflüchtete schaffen. Ist das gelungen?

Mehr als zwanzig Minuten sind schon vergangen und so langsam gerät die Gruppe in Stress. "Die Zentralregistratur schließt in fünf Minuten!", verkündet eine Stimme über die Lautsprecher. "Bitte geben Sie ihre Einreiseformulare ab!"

Nur noch fünf Minuten - und noch ist kein einziges Formular richtig ausgefüllt. Einreisen nach Fremdistan, das ist keine einfache Angelegenheit! 
Fremdistan, so heißt die fiktive Republik im Escape Room "UNbekanntes UNbehagen", in die die Teilnehmenden im Spiel einreisen möchten.

So wie der oben beschriebenen Gruppe ging es den meisten Menschen, die den Escape Room in den letzten Wochen bei der Kindernothilfe gespielt haben, weiß Imke Häusler. Sie ist Managerin für Bildung und Öffentlichkeitsarbeit bei der Kindernothilfe und auch diejenige, die den Escape Room für einige Wochen in die Geschäftsstelle in Duisburg geholt hat. 

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Event,  Escape Room
EscapeRoom Fremdistan Sören Link
Eröffnung Escape Room Unbekanntes Unbehagen mit Sören Link
Bei der Eröffnung des Escape Rooms spielten Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link und der Vorstand der Kindernothilfe, Katrin Weidemann und Carsten Montag, gemeinsam mit Mitgliedern des Kindernothilfe-Jugendrats. (Quelle: Ralf Krämer
Event,  Escape Room
EscapeRoom Fremdistan Sören Link
Eröffnung Escape Room Unbekanntes Unbehagen mit Sören Link
Bei der Eröffnung des Escape Rooms spielten Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link und der Vorstand der Kindernothilfe, Katrin Weidemann und Carsten Montag, gemeinsam mit Mitgliedern des Kindernothilfe-Jugendrats. (Quelle: Ralf Krämer

UNbekanntes UNbehagen: Eine Idee der Flüchtlingshilfe Bonn

"Entwickelt wurde der Escape Room von der Flüchtlingshilfe Bonn", erklärt Imke Häusler. "Junge Geflüchtete wollten damit einen Perspektivwechsel für Menschen möglich machen, die keine Fluchterfahrung haben."

Deshalb werden die Spielenden im Escape Room selbst zu Geflüchteten, die Schutz in Fremdistan suchen. Und der Name ist Programm: In Fremdistan ist alles fremd! Die Sprache, die Schrift, die Spielregeln… Im Escape Room ist das alles nur ein Spiel. Für geflüchtete Menschen ist es bitterer Ernst.

In Fremdistan ein Spiel - für Geflüchtete Realität

Aber auch im Spiel sorgt das Fremde schon für jede Menge Unbehagen! Die Gruppe vom Anfang hat es schließlich doch noch geschafft und alle Rätsel gelöst. Kurz herrscht Freude darüber, dass sich die Tür am Ende des Escape Rooms endlich öffnen lässt. Doch im anschließenden Gespräch bei Tee und Keksen werden dann alle sehr nachdenklich.

"Man fühlt sich überhaupt nicht willkommen", berichtet eine Teilnehmerin. "Ich möchte kein Flüchtling sein!" Und eine andere findet: "Wenn ich so in einem fremden Land ankäme, das fände ich ganz schrecklich."

Aber da sind auch Zweifel, ob der Escape Room das Ankommen geflüchteter Menschen tatsächlich realistisch darstellt. "Ich nehme mal an, hier im Spiel war das alles sicher etwas überzeichnet?", überlegt einer der Teilnehmer.

Nachdenken über die Situation von geflüchteten Menschen

Doch Imke Häusler weiß: "Es ist schon sehr realistisch." Sie erklärt: "Die jungen Geflüchteten, die den Escape Room entwickelt haben, haben für das Spiel drei Situationen ausgewählt, die sie bei ihrer Ankunft in Deutschland als besonders belastend empfunden haben. Der Escape erzeugt dieselben Gefühle, die sie damals hatten."

Imke Häusler, die in den letzten Wochen gemeinsam mit ihrem Team bei der Kindernothilfe fast 500 Menschen durch den Escape Room begleitet hat, glaubt, dass das "UNbekannte UNbehagen" viele der Spielenden zum Nachdenken über die Situation geflüchteter Menschen angeregt hat. Aber ist auch der erhoffte Perspektivwechsel gelungen?

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#UnmuteRefugees Titelbild (Quelle: mmp film/Kindernothilfe)

#unmuterefugees

Die Kampagne von Kindernothilfe, XENION, BAfF macht die Stimmen vom jungen Geflüchteten laut.
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"Ich würde sagen, ja", meint Imke Häusler. "Wir haben ganz verschiedene Gruppen zu Besuch gehabt. Berufsschüler*innen, Senior*innen, Mitarbeitende aus Institutionen, die mit Geflüchteten arbeiten. Alle haben sich auf das Spiel eingelassen."

Besonders wertvoll, so Imke Häusler, sei der Dialog zwischen den Teilnehmenden und den Ehrenamtlichen gewesen, die die Spielleitung im Escape Room übernommen haben. Die Spielleitungen haben alle haben selbst Flucht- oder Migrationserfahrung und konnten so im Anschluss an das Spiel den Teilnehmenden von ihren eigenen Erlebnissen beim Ankommen in Deutschland berichten. Das, sagt Imke Häusler, seien oft besonders intensive Gespräche gewesen. Sie ist sich sicher: "Mit allen hat der Besuch im Escape Room etwas gemacht."

Das berichten auch die Teilnehmenden der am Anfang so gestressten Gruppe. "Ich kann jetzt besser nachvollziehen, wie sich Ausländer in Deutschland fühlen", berichtet eine Teilnehmerin. Eine andere nickt und fügt nach kurzem Überlegen noch hinzu: "Ich glaube, ich werde jetzt hilfsbereiter sein!"
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So setzt die Kindernothilfe sich für Kinder auf der Flucht ein

Als Kindernothilfe setzen wir uns seit Jahrzehnten für Kinderrechte weltweit ein. Ein Fokus unserer Arbeit liegt dabei auf Kindern, die ihr Zuhause verlassen mussten.

Mit dem Live Escape Room "Unbekanntes Unbehagen" wollte die Kindernothilfe Menschen in Duisburg und Umgebung zusammenbringen, Verständnis für die Situation von Geflüchteten fördern und Brücken in einer Gesellschaft bauen, die immer weiter auseinanderzudriften droht.

Der Escape Room war von November bis Dezember 2025 in der Geschäftsstelle der Kindernothilfe in Duisburg zu Gast. Hier finden Sie Infos zu allen weiteren Stationen.
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Über die Autorin

Profilfoto Friederike Bach
Friederike Bach
ist Redakteurin bei der Kindernothilfe und zuständig für den Bereich LCC (Learning and Consulting for Children's Rights

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