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"Die Stimme derjenigen, die noch keine Stimme haben"

Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Zwei Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin blicken in die Kamera (Quelle: Sarah Plate / Kindernothilfe)
Mthobisi, Zenzele und Virginia (v.l.) vermitteln mit Tanz und Theater die Kinderrechte (Foto: Sarah Plate)
Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Zwei Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin blicken in die Kamera (Quelle: Sarah Plate / Kindernothilfe)
Mthobisi, Zenzele und Virginia (v.l.) vermitteln mit Tanz und Theater die Kinderrechte (Foto: Sarah Plate)

Text: Sarah Plate

Von fehlenden Zukunftsperspektiven sind in Südafrika besonders junge Menschen betroffen. Die Kindernothilfe-Partnerorganisation Youth for Christ (YfC) versucht der starken Jugendarbeitslosigkeit mit ihrem Praktikanten-Programm entgegenzuwirken und motiviert junge Leute wie Lungi.

Bathandwa begrüßt die rund 50 Kinder, die vor ihm sitzen: „Sanibonani“ – „Hallo zusammen“ auf IsiZulu. Es folgen einige Lockerungsübungen und Tänze. Dann wird es still in der Hütte: Bathandwa, Praktikant im ersten Jahr, spricht mit den Kindern über „Commitment“ („Hingabe“). Er fragt sie, was sie darunter verstehen. Nach einer kurzen Diskussion erklärt er ihnen, dass sie an ihren Träumen festhalten sollen und hart dafür arbeiten müssen, ihre Ziele zu erreichen. Gebannt lauschen sie Bathandwas Worten. Jeden Tag kommen rund 50 Kinder nach der Schule in das kleine Community Center. Sie leben alle im Township Swapo, in mehr oder weniger provisorischen Hütten ohne fließendes Wasser. Im Community-Center können sie spielen. Bathandwa und die anderen Mitarbeiter helfen ihnen bei den Hausaufgaben und sprechen mit ihnen über Probleme in der Schule oder zu Hause. „Wir wollen für sie da und gemeinsam mit ihnen aktiv sein, damit sie nicht auf der Straße landen.“ Bathandwa nimmt seine Aufgabe sehr ernst: Jeden Tag ist er für die Kinder da, schließt nebenher noch sein Studium in Humanitärem Management ab und entwickelt ein eigenes Projekt: eine informelle Schule für die besonders benachteiligten Kinder des Viertels. „Das ist, was ich den Rest meines Lebens machen möchte“, sagt er voller Zuversicht.

Laute Musik dröhnt aus den Lautsprechern. Die „Change Agents“ (zu Deutsch: „Erneuerer“), das sind acht junge Menschen in schwarzen T-Shirts, springen auf die Bühne, tanzen, animieren ihr Publikum. Die Menge, rund 100 Schüler, tobt! Dann plötzlich wechselt die Musik, es wird sehr ruhig. Nach und nach berichten sie von je einem Schicksal: Alkoholismus, HIV, Abtreibung, Drogen … Jeder endet mit der Phrase: „But this was my choice, what will yours be?“ – „Doch das war meine Wahl, was wird deine sein?“

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Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Bathandwa spricht zu Straßenkindern (Quelle: Lorenz Töpperwien / Kindernothilfe)
Bathandwa begrüßt die Kinder aus dem Township (Foto: Lorenz Töpperwien).
Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Bathandwa spricht zu Straßenkindern (Quelle: Lorenz Töpperwien / Kindernothilfe)
Bathandwa begrüßt die Kinder aus dem Township (Foto: Lorenz Töpperwien).
Auch die Change Agents sind Praktikanten bei YfC. Sie gehen als Gruppe an verschiedene Schulen, erreichen die Schüler mit Tanz und Theater und können so die ganz sensiblen Themen ansprechen. Virginia, Zenzele und Mthobisi sind seit Anfang des Jahres dabei und auf der Bühne und im Umgang mit den Kindern in ihrem Element. Zenzele ist glücklich, seine Leidenschaft für den Tanz zu nutzen, um für die Kinder da zu sein: „Wenn sie morgens aufwachen, hungrig, einsam oder traurig, dann können sie zur Schule kommen, wo wir sie zum Lachen bringen.“ Dafür ist auch Virginia dankbar. Sie schätzt die Herausforderung: „Die Ausbildung zum Change Agent hat mir sehr viel gebracht. Wir haben viel über uns und andere gelernt. Wenn wir mit den Schülern sprechen, müssen wir ihnen gut zuhören, sie in ihrer Einzigartigkeit anerkennen und versuchen, sie zu verstehen.“ Denn hinter all dem Spaß und der Show verbergen sich ernste Inhalte, echte Probleme, denen sich viele Schüler jeden Tag gegenübersehen. „Wir werden zur Stimme derjenigen, die noch keine Stimme haben“, weiß Mthobisi.
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Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Influencer beim Interview mit Nthombifuthi  (Quelle: Lorenz Töpperwien / Kindernothilfe)
Interview mit Nthombifuthi (Foto: Lorenz Töpperwien).
Reportage: Auf den Straßen von Südafrika; Foto: Influencer beim Interview mit Nthombifuthi  (Quelle: Lorenz Töpperwien / Kindernothilfe)
Interview mit Nthombifuthi (Foto: Lorenz Töpperwien).
Nthombifuthi hat ein schüchternes Lächeln und eine sehr ruhige Stimme, man hört sie kaum, wenn sie spricht. Sie hatte kein Geld, um nach der Schule zu studieren, also bewarb sie sich für ein Praktikum bei YfC. Sie wurde angenommen, und schnell zeigte sich, dass sie hier genau richtig ist: Wenn sie im Community Center eintrifft, begrüßt sie die Kinder und blüht auf. Plötzlich singt sie, spricht laut und tanzt inmitten der Kinder. Die sind begeistert und machen ihr jede Bewegung nach. „Ich liebe es, dass wir den Kindern hier Hoffnung geben und ihnen eine Orientierung im Alltag bieten können“, sagt sie. Das Praktikum hat auch Nthombifuthi eine Perspektive gegeben: „Ich habe so viel dazugelernt. Ich weiß jetzt, dass ich immer für Kinder da sein möchte. Nach dem Praktikum möchte ich Sozialarbeiterin werden.“
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Ein Praktikum fürs Leben: Mit YouTubern in Südafrika

Unterwegs mit Bathandwa, Virginia, Zenzele und Co: Die YouTuber Shanti Tan und Dillan White haben gemeinsam mit Mitarbeitern der Kindernothilfe die jungen Praktikanten besucht. Wie tief sie diese Zeit beeindruckt hat, erzählen sie in Videos auf YouTube. Damit verknüpfen sie eine Spendenaktion, die es YfC erlaubt, noch mehr Praktikanten auszubilden – um dadurch noch mehr Kinder und Jugendliche zu unterstützen.
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