Wir brauchen verpflichtende Kinderschutzkonzepte
(Duisburg, 2. Juli 2020). „Das Reformpaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist mehr als überfällig, aber es reicht nicht“, kommentiert Jörg Lichtenberg, Kinderschutzexperte der Kindernothilfe, die Pläne von Justizministerin Christine Lambrecht. „Wir brauchen verpflichtende Kinderschutzkonzepte für Kitas, Schulen, Behörden, Sportvereine, Kirchen und andere Institutionen, damit sie sich zu sicheren Orten für Mädchen und Jungen entwickeln.“
Nach offiziellen Angaben haben nur 13 Prozent der Schulen und 22 Prozent der Kitas in Deutschland ein Schutzkonzept. Gerade einmal ein Drittel aller Sportvereine bewertet das Thema Kinderschutz als wichtig. Die unfassbar hohen Zahlen an Verdächtigen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach, Münster und Lügde würden deutlich zeigen, welches Ausmaß sexualisierte Gewalt gegen Kinder habe: Der Betroffenenrat geht davon aus, dass in diesem Zusammenhang mehr als eine Million Kinder und Jugendliche Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. „Dieses schreckliche Verbrechen an Kindern kommt nicht vereinzelt vor, sondern es ist ein riesengroßes Problem der gesamten Gesellschaft“, so Lichtenberg weiter. „Wenn wir Kinder wirklich schützen wollen, brauchen wir funktionierende Systeme, in denen Kinder und ihre Bedürfnisse auch wirklich im Mittelpunkt stehen.“
Kinderschutzkonzepte wirken sowohl in der Prävention als auch in der Intervention. Es geht also darum, Mitarbeitende zu qualifizieren, mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen. Es geht aber auch um ein schnelles und vernetztes Handeln der Behörden und Institutionen, wenn sich Mädchen und Jungen akut in Gefahr befinden.